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Kronen Zeitung

vor 7 Stunden
U17 Weltmeisterschaft

WIR SIND IM WM-FIEBER!

Casillas-Trikot: Letzter Finalheld blickt zurück

Franz Hollauf

Österreichs Fußball-U17-Nationalteam kämpft heute (17 Uhr) sensationell um den WM-Titel. Zeit für einen Rückblick auf den bis dato größten Erfolg des ÖFB-Nachwuchses: Das EM-Finale der U16 im Jahr 1997. Der damalige Torhüter Hans-Peter-Berger erinnert sich im Gespräch mit krone.at – und der heute 44-Jährige gibt auch eine Prognose zum heutigen Showdown in Katar ab!


Wir erreichen den heute 44-Jährigen im fernen Asien. Seit vier Jahren sorgt der Salzburger als Torwart-Trainer mit seinem chinesischen Klub Chengdu Rongcheng für Furore (Platz 3 in der höchsten Liga, Teilnahme an der asiatischen Champions League). 

„Zur echten Turniermannschaft entwickelt“
Der aktuelle Erfolgslauf des ÖFB-U17-Teams geht auch im Reich der Mitte nicht spurlos an ihm vorüber. „Ich habe mir die Spiele im Fernsehen angesehen. Sensationell, wie abgeklärt die Burschen sind. Sie haben sich zu einer echten Turniermannschaft entwickelt. Hinten fast immer zu null und vorne die Tore zur richtigen Zeit geschossen“, lobt Berger.

Im heutigen Finale traut er dem ÖFB den absoluten Coup zu. „Ein Finale ist aber noch einmal ganz was anderes. Das Spiel wird im Kopf entschieden, es wird auf Kleinigkeiten ankommen. Aber Nervenstärke haben die Jungs bei diesem Turnier schon mehrmals bewiesen.“

"Ein Finale ist noch einmal ganz was anderes. Das Spiel wird im Kopf entschieden, es wird auf Kleinigkeiten ankommen. "Hans-Peter-Berger (44) stand 1997 mit Österreichs U16 im EM-Finalefan.at quote icon

Der Finaleinzug zeige auch, wie sich Österreichs Nachwuchs im Fußball entwickle. „Wir brauchen uns international nicht zu verstecken. Talente sind genügend da, es wird in den Akademien und Vereinen höchst professionell gearbeitet. Jetzt liegt es an den Vereinen und Verbänden, die Jungen sukzessive ins Profitum heranzuführen.“

Ein Turnier bzw. sogar ein Finale auf allerhöchster Ebene – Berger weiß nur zu gut, wie sich das anfühlt. Um ein Haar hätte der Ex-Bundesliga-Goalie (Ried, Admira) nämlich selbst einen internationalen Pokal mit Österreich in den Händen gehalten.

Bild: Andreas Tröster

Siege über Türkei und die Schweiz
Rückblick: Bei der U16-EM im Mai 1997 in Deutschland erreichte Österreich nach dem zweiten Platz in der Vorrunde (Sieg gegen Polen, Niederlagen gegen Spanien und Ukraine) unter dem legendären Trainer Paul Gludovatz (2021 verstorben) die K.o.-Phase. Nach einem 3:0-Sieg im Viertelfinale über die Türkei und einem 6:5-Krimi im Elfmeterschießen gegen die Schweiz im Halbfinale stand Österreich plötzlich im großen Finale.

Bild: zvg

Parallelen zur aktuellen U17-Mannschaft
Berger erinnert sich: „Wir waren eine No-Name-Truppe, viele Spieler stammten von einem kleinen Verein. Uns hat kaum jemand etwas zugetraut, aber wir haben uns in einen Flow gespielt, ähnlich wie jetzt die U17. Wir hatten eine unglaubliche Kraft.“

"Das Trikot habe ich heute noch daheim. Es erinnert mich immer wieder, dass man im Sport alles erreichen kann, wenn man hart an sich arbeitet. "Hans-Peter Berger tauschte bei der U16-EM 1997 das Trikot mit dem späteren Welt- und Europameister Iker Casillasfan.at quote icon

Berger vs. Casillas im Elfmeterkrimi
Gegner im Finale war – wie schon in der Vorrunde – Spanien mit einem gewissen Iker Casillas im Tor, dem späteren Welt- und Europameister und mehrmaligem Champions-League-Sieger. Berger gerät heute noch in Schwärmen, wenn er an die Begegnung zurückdenkt: „Ich spielte damals bei der zweiten Mannschaft von Austria Salzburg in der Regionalliga West. Casillas war mir schon ein Begriff, weil er bei Real Madrid und unter den Experten als Riesentalent galt. Das bewies er auch, indem er nur wenige Monate nach der EM mit bereits 16 Jahren im Profikader stand. Das war schon ein besonderes Gefühl für mich, mich mit ihm messen zu dürfen. Überhaupt war die Elf der Spanier gespickt mit Spielern von großen Klubs.“ 

Im Video: Wie Casillas Österreich 1997 den EM-Titel vermasselte


„Sprungbrett für große Karriere“
Trotz der krassen Unterschiede hielt Österreich im Finale toll mit, es ging sogar torlos ins Elfmeterschießen, das knapp mit 4:5 verloren ging. Bei Berger überwogen damals aber die positiven Eindrücke. „Klar, ein Finale verlierst du nie gerne, schon gar nicht in so jungen Jahren. Aber für uns war das damals ein Riesenerfolg und das Sprungbrett für eine große Karriere. Ich hatte im Finale einen Sterntag, der mir viel Selbstvertrauen gab. Ich wusste, dass ich eine schöne Karriere haben kann, wenn ich fleißig weiterarbeite und auf den Fußball fokussiert bleibe.“ 

Die Aufstellung
Österreichs Team lief mit folgender Formation im U16-EM-Finale 1997 auf: Hans-Peter Berger (Tor); Christian Mikula, Alexander Unger, Yalcin Demir, Philipp Frenzl (Abwehr); Bernd Kern, Thomas Eder, Jürgen Kampel, Stefan Friessnegger (Mittelfeld); Lukas Habeler und Alexander Ziervogel (Sturm).

Trikottausch mit Casillas
An ein wichtiges Detail nach dem Finale kann sich Berger heute noch erinnern: „Nach dem Spiel tauschte ich mit Casillas das Trikot. Wir gratulierten uns gegenseitig zur starken Leistung. Es respektierte mich und ich respektiere ihm. Das Trikot habe ich heute noch daheim. Es erinnert mich immer wieder, dass man im Sport alles erreichen kann, wenn man hart an sich arbeitet. Und es zieht mir heute noch die Gänsehaut auf, wenn ich daran denke, was uns damals gelungen ist. Ein Finale im Fußball ist für einen Österreicher nie selbstverständlich!“

"Der Sprung vom Jugend- zum Profifußball hat den Faktor 10. Also er ist dann zehnmal härter und brutaler."Hans-Peter Bergerfan.at quote icon

Berger schaffte es sportlich bis nach Portugal
Nach der U16 im Jahr 1997 ging die Karriere Bergers steil nach oben. Nach weiteren Jahren bei Salzburg II gab er im Alter von 17 Jahren im Sommer 1999 sein Profidebüt bei Wattens in der 2. Liga. Nach weiteren Stationen bei Bad Bleiberg und LASK schaffte er im Sommer 2005 mit der SV Ried den Aufstieg in die Bundesliga. Im Sommer 2008 schließlich das Karrierehighlight: Berger wechselte nach Portugal zum Leixões SC. Neben ihm schaffte übrigens von der damaligen U16-Finalelf auch noch Yalcin Demir (Genclerbirligi, Türkei) den Sprung ins Ausland.

Lob für Nachfolger Posch
Diesen Sprung schaffte übrigens der aktuelle ÖFB-U17-Torhüter Daniel Posch auch schon – und das im heurigen Sommer. Seither spielt der 17-Jährige beim 1. FSV Mainz 05 in Deutschland und ist eines DER Gesichter bei der aktuellen U17-WM. Berger dazu: „Der Fußball hat sich rasant entwickelt. Mittlerweile sind die Strukturen völlig andere. In meiner Zeit wurde in den Nachwuchsakademien noch nicht so professionell gearbeitet wie heute. Heute schaffst du als Junger den Sprung hinauf schneller, gleichzeitig wird aber auch mehr von dir erwartet. Du musst sofort funktionieren.“ Über Posch gerät Berger ins Schwärmen: „Mit 17 Jahren bei der U19 von Mainz, das ist schon sehr respektabel. Wenn er fokussiert bleibt, steht einer großen Karriere nichts im Weg.“

„Man den Burschen Zeit geben und Geduld mit ihnen haben“
Berger warnt allerdings davor, die Erwartungen in die aktuelle Erfolgself zu hochzuschrauben: „Klar, die Ansprüche seitens der Öffentlichkeit werden steigen, aber man muss den Burschen Zeit geben und Geduld mit ihnen haben. Auch wir haben uns damals nicht sofort zum Weltklasseprofi entwickelt. Dieser Prozess dauert. Ich sage immer, der Sprung vom Jugend- zum Profifußball hat den Faktor 10. Also zehn Mal härter und brutaler.“ 


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